Verzicht auf abstrakte Verweisung
Der wesentliche Unterschied zwischen Erwerbsminderung und Berufsunfähigkeit ist also der Bezug auf den Beruf des Versicherten. Im Falle einer Berufsunfähigkeit müssen Sie keine Arbeit annehmen, die nicht Ihrer Ausbildung entspricht, keine vergleichbare soziale Wertschätzung erzielt oder in der Sie ein wesentlich geringeres Einkommen erzielen würden. Die Versicherungsbedingungen regeln die Möglichkeiten des Versicherers in einer sogenannten Verweisungsklausel.
- Die in alten Bedingungen enthaltene abstrakte Verweisung auf einen theoretisch möglichen Beruf, in dem es aber keine Stellenangebote gibt, ist heute praktisch überall gestrichen.
- Eine konkrete Verweisung auf einen anderen Beruf ist grundsätzlich möglich. Dabei gelten enge Grenzen: Unzulässig sind Verweisungen auf einen Beruf mit geringerem Ansehen, deutlich niedrigerem Einkommen (Faustregel: weniger als 80 %) oder wenn die Tätigkeit nicht zur Ausbildung passt.
- Premium-Verträge enthalten einen vollständigen Verweisungsverzicht. Allerdings werden stets Einkommensgrenzen vereinbart, denn der Leistungsempfänger soll nicht bessergestellt sein als vor seiner Erkrankung. Die Rente kann beispielsweise entfallen, wenn der Versicherte in einem gleichwertigen Beruf mehr als 50 % oder in einem beliebigen anderen Beruf mehr als 80 % des bisherigen Einkommens tatsächlich erzielt.
Anders als in der Sozialversicherung kann die Höhe der versicherten BU-Rente frei vereinbart werden. Weniger als 1.000 Euro sind nicht empfehlenswert. Angemessen ist eine Rente in Höhe des Nettoeinkommens. Beachten Sie aber, dass die BU-Rente steuerpflichtig sein kann und in einigen Fällen auch Sozialabgaben anfallen. Bei hohen Renten – ab etwa 2.000 bis 3.000 Euro – verlangen viele Versicherer vor der Antragsannahme eine ärztliche Untersuchung.
Die Bedeutung des Prognosezeitraums
Damit bedingungsgemäß eine BU vorliegt, muss diese dauerhaft sein. Die Rechtsprechung übersetzt das mit einer geschätzten Dauer von mindestens drei Jahren. Bei manchen Krankheiten kann die Anerkennung einer Berufsunfähigkeit dadurch zur Hängepartie werden – Lohnfortzahlung und Krankengeld fließen nicht mehr, Erwerbsminderung liegt nicht vor, es ist unklar, ob die Berufsunfähigkeit dauerhaft ist – der Versicherte hat kein Einkommen. In guten BU-Versicherungen wird deshalb die unklare Formulierung „voraussichtlich dauerhaft“ zugunsten den Kunden auf einen Prognosezeitraum von zum Beispiel sechs Monaten konkretisiert. Je kürzer der Prognosezeitraum ist, desto besser.
Auf diese Vertragsinhalte sollten Sie achten
Grenze der Berufsunfähigkeit, Verweisungsklausel und Prognosezeitraum sind die wichtigsten Kriterien, um die Qualität einer Berufsunfähigkeitsversicherung zu prüfen. Es gibt aber viele weitere Unterschiede zwischen den Angeboten der Versicherer, die sich auch im Preis des Versicherungsschutzes niederschlagen. Nachfolgend finden Sie einige wichtige Punkte, auf die Rating-Agenturen, Verbraucherschützer wie Finanztest und natürlich auch Makler bei ihren Empfehlungen schauen.
Leistungsmerkmal
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Bedeutung
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Empfehlung
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Laufzeit des Vertrags
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Die Laufzeit des Vertrags bestimmt, bis zum welchem Lebensalter eine BU den Versicherungsfall auslöst und bis wann in diesem Fall die Rente gezahlt wird. Eine BU wird mit zunehmendem Alter immer wahrscheinlicher. Preisgünstige BU-Versicherungen enden deshalb oft schon mit 65 Jahren. Premium-Produkte gehen bis 67 und bieten eine Verlängerungsoption für den Fall eines zukünftig höheren Renteneintrittsalters.
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Falls Sie nicht ohnehin einen früheren Ausstieg aus dem Erwerbsleben planen, entscheiden Sie sich für Endalter 67 mit Verlängerungsoption. Sonst droht eine Versorgungslücke von zwei oder mehr Jahren.
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Dynamik
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Anpassung der versicherten BU-Rente und des Beitrags ohne neue Gesundheitsprüfung
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Eine feste BU-Rente hat im Laufe der Jahre durch Preissteigerungen immer weniger Kaufkraft. Zum Ausgleich von Inflation und zur Berücksichtigung eines steigenden Lebensstandards sollte eine dynamische Anpassung von 4 % bis 6 % pro Jahr vereinbart werden.
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Nachversicherungsgarantie
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Möglichkeit zum Aufstocken der versicherten BU-Rente aus bestimmten Anlässen, zum Beispiel Heirat, Geburt eines Kindes, Immobilienerwerb, bei einigen Versichern sogar ohne besonderen Grund in begrenzter Höhe
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Umfassende Nachversicherungsgarantien sind wichtig vor allem für junge Versicherte. Lebensumstände und Einkommen können sich bei ihnen noch gravierend ändern, sodass die ursprünglich vereinbarte BU-Rente zu niedrig ist. Ohne Nachversicherungsgarantie könnten Anpassungswünsche an einer mittlerweile verschlechterten Gesundheit scheitern. Schüler, Azubis und Studierende müssen besonders auf ausreichende Summen für die Nachversicherung achten.
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Umgang mit Zahlungsschwierigkeiten
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Viele Versicherer bieten eine Beitragsstundung mit oder ohne Verzinsung für den Fall, dass der Beitrag vorübergehend nicht bezahlt werden kann.
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Ohne diese Regelung dürfte der Versicherer den Vertrag wegen Nichtzahlung des Beitrags kündigen. Im fortgeschrittenen Alter und bei Vorerkrankungen ist ein neuer Vertrag nicht oder nur zu deutlich höherem Beitrag bzw. mit Risikoausschlüssen erhältlich. Alternativ kann eine Beitragsfreistellung bei verringerter Rente vereinbart werden.
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Befristete oder rückwirkende Anerkennung bzw. Zahlung
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Die Feststellung, ob eine BU vorliegt, kann einige Zeit in Anspruch nehmen – siehe dazu die Erläuterung des Prognosezeitraums weiter oben. Mögliche Auswege sind eine befristete oder rückwirkende Anerkennung.
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Die beste Lösung ist eine befristete Anerkennung, aber nur dann, wenn der Versicherer gleichzeitig auf die Rückzahlung von Renten verzichtet, falls sich die BU als nicht gegeben bzw. kleiner 50 % erweist. Eine rückwirkende Anerkennung und Zahlung von Renten ist eine Alternative, aber es kann eine temporäre Lücke nach Ende von Lohnfortzahlung und Krankengeld bleiben.
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Arbeitsunfähigkeitsklausel
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Mit dieser Klausel wird eine (vorübergehende) Arbeitsunfähigkeit von mehr als sechs Monaten der (dauerhaften) Berufsunfähigkeit gleichgestellt.
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Die Arbeitsunfähigkeitsklausel ähnelt der befristeten Anerkennung und verhindert Zeiten ohne Einkommen zwischen Krankengeld und BU-Rente.
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Soforthilfe, Übergangsleistung, Wiedereingliederungshilfe
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Die Versicherer leistendurch solche Erweiterungen Einmalzahlungen bereits vor der Rente, oft mit Fokus auf eine Rückkehr ins Berufsleben.
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Rente statt Arbeiten klingt wünschenswert, ist aber mit dem Verlust der Gesundheit eindeutig zu teuer bezahlt. Auch psychische Folgen durch Ausscheiden aus der Arbeitswelt können gravierend sein. Die Förderung einer beruflichen Rehabilitation liegt deshalb oft im beiderseitigen Interesse. Außerdem lindert eine Soforthilfe im Krankheitsfall akute finanzielle Sorgen.
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Sie sehen, es gibt viel zu bedenken, um die passende Police zu kümmern. Testberichte oder besser noch ein individueller Versicherungsvergleich weisen den Weg und helfen, die Police mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis für Sie zu finden. Dabei werden auch Aspekte wie Kompetenz und Annahmerichtlinien des Versicherers (Antragsfragen, Ablehnung bei Vorerkrankungen), Beitragsstabilität und Fairness in der Leistungsabrechnung bewertet.